Der geplante Standort des Kolumbariums befindet sich am Ende der Hauptachse der denkmalgeschützten Friedhofsplanung des Stadtdirektors Schomburg von 1910. In dem Gebäude werden 192 Urnen aufbewahrt, außerdem bildet es einen Ort des Abschiedes und der Stille für die Angehörigen.
Der realisierte Pyramidenstumpf sollte zugleich einladend, als auch beschützend wirken.
Dafür wurden von drei wichtigen Zugangsachsen drei große, offene Zugänge geschaffen, die die umgebene Natur in das Gebäude hineinziehen. Es wird über breite „Natursteinbrücken“ betreten, die die umlaufende Regenwasserrinne kreuzen. Oberhalb der Eingänge gibt es Glasbänder, die den Pyramidenstumpf symmetrisch in vier Teile zerlegen.
Im Inneren wird durch Holzlisenen eine Tragkonstruktion für die Urneneinstellplätze geschaffen. Diese Lisenen verlaufen bis unter die decke (Dach). Der Innenraum erhält damit ein starke plastische Gliederung.
Würdevolle Memoria
Publikation Deutsches Architektenblatt Ausgabe Ost 06/2009
„Seit der Zeit des alten Ägyptens stellen Pyramiden eine immer wiederkehrende Form für Bestattungsorte, aber auch für das Totengedenken dar. Insofern steht das von Barbara Haß aus dem Architekturbüro Hass und Briese entworfene Kolumbarium auf dem Neuen Friedhof in Rostock Damerow in einer langen kulturgeschichtlichen Reihe.
Aber auch ohne das explizite Wissen um solche Grundformen der Memoria, fügt sich der gelungene Bau harmonisch in die Komposition des idyllischen Friedhofs ein: In eine Sicht- und Wegeachse mit der um 1910 errichteten Friedhofskapelle eingebunden, bildet die stumpfe Pyramide einen modernen point de vue. Zugleich wird das Motiv der Pyramide hier mit dem des Kolumbariums, also der Urnenbestattung verbunden, wie sie seit der etruskischen und römischen Antike überliefert ist.
Konstruktiv wurde das Kolumbarium aus vorgefertigten Betonelementen zusammengesetzt. An drei Seiten führen dabei schräg (!) gesetzte Glastüren in das Innere des Grabbaus.
An der vierten, der Rückseite, wurde sie als Fenster ausgeführt. So ergeben sich von allen Seiten Ein- und Durchsichten. Oberhalb der Glastüren bzw. Fenster setzt sich jeweils ein schmaler Glasstreifen in der Mitte jeder Pyramidenseite bis zur Dachkante hin fort, so dass auf dem Dach ein gläsernes Kreuz entsteht, das den Blick in den Himmel ermöglicht.
Architekturhistorisch eine Umkehrung der T- Fenster von Louis Kahn, ergibt sich durch diese reizvolle Gestaltung eine subtile Überlappung paganen und christlichen Gedankengutes in der Sepulkralarchitektur.
Als Übergang von der einen in die andere Welt lässt sich auch die Bodengestaltung lesen:
Ein großer Granitblock bildet auf Höhe der Türen eine „Brücke", die von Außen in den Grabbau hineinführt. Und während die Fassade des Kolumbariums mit unterschiedlich breiten, schwarzen Eternitplatten verkleidet wurde, dominiert im Inneren der Dualismus aus weißen Wänden und den nach oben strebenden Holzlisenen. Im unteren Bereich werden sie zu Regalen: auf den eingeschobenen Böden aus Granit sind die Urnen eingestellt.
Satiniertes Glas an der Rückseite der Nischen ermöglicht es, sie zu beleuchten. Nach vorne hin sind die Grabnischen jeweils durch transparente Glasscheiben abgeschlossen. Ein Holzmöbel im Zentrum des Kolumbariums nimmt notwendige technische Einrichtungen auf.
Zugleich dient sein Rand als Ruhebank und bietet so Raum zum Verweilen und Gedenken. Ein quadratisches Feld im Zentrum des Möbels ist zudem mit Vasen aus Stahl ausgestattet, die den Blumenschmuck aufnehmen. Die einzelnen Elemente des Kolumbariums fügen sich zu einem ebenso stimmigen wie überzeitlich-würdevollen Grabbau, der eine Alternative zu den traditionellen Bestattungsformen bietet.“ Jürgen Tietz
Bauherr: Hansestadt Rostock
L-Phasen: 1—8
Realisierungszeitraum: 04/2008—10/2008
NF: 64 qm
Bausumme: 465.000 Euro